Monatsarchiv Februar 2018

Vonstephanie

Barunterhalt des Kindes beim Wechselmodell durch beide Elternteile und Einbeziehung der Mehrkosten

BGH, Beschl. v. 11.01.2017 – XII ZB 565/15

Im Fall des Wechselmodells haben i.d.R. beide Elternteile für den Barunterhalt des Kindes einzustehen. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach den beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten.

Sachverhalt: Der Antragsgegner ist der Vater der im April 2001 und im Februar 2007 geborenen Antragsteller, die rückständigen und laufenden Kindesunterhalt geltend machen. Die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern, die in nicht ehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt hatten, vereinbarten nach ihrer Trennung die Betreuung der Kinder im paritätischen Wechselmodell.

Unterhaltsbedarf bemisst sich nach den beiderseitigen Einkommen der Eltern

Der Antragsgegner ist nicht schon wegen der von ihm geleisteten hälftigen Kinderbetreuung nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB vom Barunterhalt befreit. Die Annahme, dass der Kindesunterhalt beim Wechselmodell stets durch den von beiden Eltern geleisteten Naturalunterhalt gedeckt wäre, betrifft nicht die Bemessung, sondern vielmehr die Erfüllung des Unterhaltsanspruchs.

Die gesondert zu beantwortende Frage der Erfüllung setzt neben der Bedarfsermittlung insbesondere eine vorherige Festlegung der von den Eltern geschuldeten Unterhaltsanteile gem. § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB voraus.

Der Unterhaltsbedarf bemisst sich beim Wechselmodell nach den beiderseitigen Einkommen der Eltern unter Vorwegabzug der angemessenen Selbstbehalte und umfasst neben dem sich daraus ergebenden Bedarf (Regelbedarf) insbesondere die Mehrkosten des Wechselmodells. Der Bedarf lässt sich nicht in zwei gesondert zu ermittelnde Beträge aufspalten, die für jeden Elternteil nach dessen jeweiliger alleiniger Unterhaltspflicht zu berechnen wären.

Diese Unterhaltsberechnung führt nicht zu einem Ausgleichsanspruch der am vorliegenden Verfahren nicht beteiligten Mutter gegen den Antragsgegner. Dass der Anspruch nicht auf den vollen und nicht durch eigene bezifferte Leistungen des Antragsgegners gedeckten Unterhalt, sondern nur auf die hälftige Differenz der von den Eltern nicht gedeckten Anteile gerichtet ist, stellt sich als Begrenzung des Anspruchs dar und erklärt sich aus der Annahme, dass jeder Elternteil neben den bezifferten Leistungen vor allem durch Naturalunterhalt auch die Hälfte des weiteren Bedarfs abdeckt.

Der Anspruch dient dann vor allem noch dem Zweck, eine angemessene, an der jeweiligen Leistungsfähigkeit orientierte Beteiligung der Eltern am Kindesunterhalt zu erzielen, und richtet sich auf die durch die Leistungen des besser verdienenden Elternteils noch nicht gedeckte Unterhaltsspitze.

Auch im Fall des Wechselmodells mindert die Hälfte des Kindergeldes gem. § 1612b Abs. 1 Satz 2 BGB den Barbedarf, der durch eine Anrechnung des hälftigen Kindergeldes auf den Barbedarf des minderjährigen Kindes erfüllt wird, die den das Kindergeld nicht beziehenden Elternteil entlastet.

Zwar wird die auf den Barbedarf des Kindes entfallende Kindergeldhälfte regulär angerechnet und kommt damit den Eltern im Ergebnis entsprechend ihren Beteiligungsquoten zugute. Die auf die Betreuung entfallende Kindergeldhälfte verbleibt hingegen zunächst bei dem das Kindergeld beziehenden Elternteil und ist wegen der gleichwertigen Betreuungsleistungen der Eltern gesondert auszugleichen. Dies kann zur Vereinfachung auch in Form der Verrechnung der beiderseitigen Leistungen verwirklicht werden, damit ein Elternteil nur noch die nach Abzug der Hälfte des auf die Betreuung entfallenden Kindergeldanteils verbleibende Unterhaltsspitze zu zahlen hat.

Praxishinweis: Der BGH weist darauf hin, dass die Kosten für Tanzkurse und Musikschulen kein Mehrbedarf, sondern durch den Regelbedarf teilweise abgedeckt und nur mit dem übersteigenden Betrag zu berücksichtigen sind. Die Kindergarten- und Hortkosten sind ebenso wie die Fahrtkosten für den Schul- und Kindergartentransfer der Kinder als deren Mehrbedarf zu berücksichtigen. Mit dem Mehrbedarf korrespondierende Leistungen des anderen Elternteils sind zu berücksichtigen und konkret darzulegen.